Kronos – der machtgierige Titan

Der Theogonie des Hesiods nach, das ist eines der ältesten Werke über die Entstehung der Welt, ist der Titan Kronos der jüngste Sohn von Gaia, der Personifizierung der Erde und Uranos – dem Himmel.
Uranos wurde einst von einem Orakel prophezeit, dass ihn eines seiner Kinder stürzen und er seine Macht verlieren werde. Daher verbarg er all seine Kinder, zunächst die Kyklopen (oder auch Zyklopen), dann die Hekatoncheiren im Tartaros. Dort ließ er sie durch das Ungeheuer Kampe bewachen und verhinderte so ihre Geburt.

Kronos im Hesperidengarten
Quelle: )o(Medousa)o(, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Kronos wird Herrscher über die Götter

Weil Gaia sich aber Kinder wünschte, gebar sie heimlich die Titanen, unter denen auch Kronos als ihr jüngster Sohn war.
Gaia, die nicht mehr unter der Herrschaft des Uranos leben wollte, stiftete Kronos nun an, seinen Vater Uranos zu entmannen, um ihn zu entmachten. Mit einer Sichel, die deshalb auch Kronos‘ Attribut ist, entmannte Kronos, der die gleichen machthungrigen Züge wie sein Vater trug, Uranos und warf das Glied ins Meer.
Dem Mythos nach entstanden aus dem Blut, das auf die Erde fiel, die Giganten, die Erinnyen (Rachegöttinnen) sowie die melischen Nymphen. Außerdem, so der Mythos, entstand Aphrodite aus dem Samen des ins Meer geworfenen Gliedes. Auf diese Weise wurde Kronos Herrscher und Anführer der Titanen. Mit seiner Herrschaft begann das goldene Zeitalter. Ein Zeitalter geprägt von Frieden und Harmonie.

Kronos Botanischer Garten Linz
Quelle: Isiwal, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Warum verschlang Kronos seine Kinder?

Kronos nahm seine Schwester Rhea zur Frau, denn was wäre ein Herrscher ohne Frau und Kinder. Bevor Rhea aber schwanger wurde, erhielt Kronos – wie auch schon sein Vater Uranos und später auch sein eigener Sohn Zeus – die Prophezeiung, dass eines seiner Kinder ihn entmachten werde. Weil Kronos aber machtgierig war und seine Stellung als Herrscher behalten wollte, verschlang er all seine Kinder, die auch Kroniden genannt werden, sobald Rhea sie gebar. Nacheinander landeten Hestia, Demeter, Hera, Hades und Poseidon in Kronos‘ Schlund. Da sie aber unsterbliche Götter waren, starben sie nicht, sondern lebten dort weiter.
Rhea, die inzwischen wieder schwanger geworden war, erhielt von Gaia und Uranos den Rat, das Kind heimlich zu gebären. So gebar sie Zeus im Verborgenen auf der Insel Kreta und gab Kronos zum Verschlingen einen in Windeln eingewickelten Stein. Wie sie Zeus daraufhin verbergen und aufziehen konnte, ohne dass Kronos dies mitbekam, erfährst du hier.

Zeus stürzt Kronos

Auf welche Weise Zeus Kronos überlistete und anschließend entmachten konnte, darüber gibt es zwei Versionen:
In beiden bemerkte Kronos den Schwindel mit dem in Windeln eingewickelten Stein nicht. Außerdem stellte Zeus den von Kronos erbrochenen Stein an der Kultstätte Pytho (Delphi) aus, damit ihn die Sterblichen dort bestaunen konnten.
In der einen Version lag Kronos der Stein so schwer im Magen, dass er von seiner Mutter Gaia ein Brechmittel erbat, um den Stein zu erbrechen. Dabei erblickten auch Zeus‘ Geschwister Hestia, Demeter, Hera, Poseidon und Hades das Licht der Welt.

Kronos und Rhea
Quelle: Karl Friedrich Schinkel; 1781-1841, Public domain, via Wikimedia Commons

Metis hilft Zeus Kronos zu stürzen

In der anderen Version wuchs Zeus zunächst heran und begegnete Metis, der Göttin der Scharfsinnigkeit und List. Er verliebte sich und wollte sie verführen, vertraute ihr seine Herkunft an und dass sein Vater Kronos seine Geschwister verschlungen habe und er sie befreien wolle. So bat er Metis um Rat und sie schlug ihm eine List vor: Er solle Kronos ein Brechmittel in ein Getränk mischen und damit er den Geschmack nicht merke, Honig hinzufügen. Daraufhin schilderte Zeus seiner Mutter Rhea seinen Plan, die sofort das Brechmittel zubereitete und ihn als Mundschenk an Kronos‘ Hof schleuste. Nach der Einnahme erbrach Kronos den Stein sowie Zeus‘ Geschwister.

Die Titanomachie – Der Kampf gegen die Titanen

Wütend wegen des Betrugs und weil er seine Macht behalten wollte, hetzte Kronos die Titanen gegen Zeus und seine Geschwister auf. Dabei blieben die weiblichen Titanen sowie Okeanos neutral. Rhea dagegen kämpfte an Zeus‘ Seite. Der Krieg, der nun folgte, war die sogenannte Titanomachie und er dauerte viele Jahre an, weil keine der beiden Seiten sich einen Vorteil verschaffen und den Sieg erringen konnte.
Gaia gab Zeus letztendlich den entscheidenden Rat zum Sieg: Sie schlug ihm vor, die Hilfe der im Tartaros eingesperrten Kyklopen und Hekatoncheiren in Anspruch zu nehmen. Zeus tötete das Ungeheuer Kampe, welches sie bewachte und befreite die Kyklopen sowie die Hekatoncheiren – hundertarmige und fünfzigköpfige Giganten. Als Dank erhielten Zeus, Poseidon und Hades von den Kyklopen Waffen für den Kampf gegen die Titanen: Zeus erhielt ein Bündel aus Blitzen, Poseidon einen Dreizack und Hades einen Helm, der unsichtbar macht. Mit diesen Waffen ausgestattet kämpften sie Seite an Seite mit den Kyklopen und den Hekatoncheiren, die mit ihren hundert Armen Steine auf die Titanen warfen, und konnten am Ende den Kampf für sich entscheiden.

Zeus bestraft die Titanen

Fortan herrschten die Olympischen Götter über die Welt: Zeus wurde der Herrscher über den Himmel, Poseidon über das Meer und Hades wurde die Unterwelt zugeteilt. Die Erde ließen sie als gemeinsamen Bereich für alle.
Die Titanen, die auf Kronos‘ Seite gekämpft hatten, wurden mit ihm zusammen in den Tartaros verbannt und von den Hekatoncheiren bewacht. Atlas wurde, weil Uranos durch die vielen Kämpfe auf der Erde herabzustürzen drohte, mit der Strafe belegt, den Himmel fortan festzuhalten. Kronos versuchte einigen Quellen zufolge zu fliehen, wurde aber von Zeus mit seinen Blitzen getötet. Andere Quellen besagen, dass Zeus Milde walten ließ und seinen Vater Kronos auf die Insel der Seligen verbannte.
Diese Ordnung sollte aber wieder ins Wanken gebracht werden: Denn Gaia war wütend darüber, dass Zeus ihre Kinder wiederum in den Tartaros verbannte. Deshalb stachelte sie die Giganten dazu an, gegen Zeus und die übrigen Olympier zu kämpfen. Dieser Kampf wird auch Gigantomachie genannt und du kannst hier mehr darüber erfahren.